Ohne Geld – viel Musi in den Waldorfschulen

Diskussion zum Thema Schulautonomie mit Politikern – anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Waldorfpädagogik in der Zweiten Republik

Eine positive und eine negative Erinnerung aus der Schulzeit – eine einfache Frage von Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid als Aufwärmrunde. So unterschiedlich die Diskussionsteilnehmer auch waren – so individuell fielen selbstverständlich auch die Antworten aus: Da war Elisabeth Grossmann, Bildungssprecherin der SPÖ, Asim El Habassi von der Jungen ÖVP, Daniela Musiol, Familiensprecherin der Bundesgrünen, Matthias Strolz von den Neos, Ernst Smolle, Bildungsberater vom Team Stronach und Edgar Hernegger, Elternsprecher des Waldorfbundes.

Jede und jeder hatte natürlich seine eigene, prägende Geschichte – und doch können die Antworten sehr einfach auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden: Die schönsten Schulerinnerungen hatten allesamt bei allen Beteiligten und ohne Ausnahme – wenn sie in der Schule einen Moment der Freiheit erlebten. Und beim Negativen werden immer wieder „Druck“, „Zwang“ und das „Eingeengt sein im Schulwesen“ genannt.

Doch wie sieht es dann aus mit dem Einräumen der Freiheit im Schulwesen? Da löst sich das eingangs so heterogene Bild schnell wieder in seine Einzelteile auf. Asim El Habassi etwa attestiert der ÖVP, dass sie sich doch bewege und bekennt auch, dass es seine Vision sei, dass es viel Freiheit an Schulen gebe. Aber bei der Lehrer-Wahlfreiheit hat er bereit Bedenken – denn da würden doch kaum noch Pädagogen in entlegenen Gegenden unterrichten wollen.

Es gebe auch Bewegung im Stillstand, betont dazu Daniela Musiol – wenn man etwa am Stand laufe. Frustrierend sei, dass in den Ausschüssen immer wieder viele Gemeinsamkeiten konstatiert würden – aber ohne jegliche Auswirkung. Auch Matthias Strolz stellt nach seinen erst kurzen Politerfahrungen fest, dass einiges langsamer vonstatten gehe, als er es sich gedacht habe. Und im Grunde seien ohnehin alle für die Schulautonomie – „aber alle verstehen etwas anderes darunter“.

„Es braucht auch Druck von Außen“, merkt Elisabeth Grossman an. „Das klingt ja schon fast wie ein Hilfeschrei“, stellt Alexandra Föderl-Schmid fest.

 „Die Waldorfbewegung zeigt seit 50 Jahren, was möglich sein könnte“, betont Edgar Hernegger. „Alle sagen, dass Autonomie toll ist – aber finanziell refundiert wird nichts.“ 800 Euro an öffentlicher Unterstützung ist derzeit ein Waldorfschüler „wert“ – in der „neuen Mittelschule“ werden hingegen gleich im Schülerschnitt 10.000 Euro ausgeschüttet. Seit Jahrzehnten werde auch um finanzielle Anerkennung gekämpft – aber die Situation habe sich im Grunde nur verschlechtert. Insgesamt gebe es derzeit 5000 Schüler in Schulen mit freier Trägerschaft – davon besuchen 2800 eine Waldorfschule. Ein weiterer Vergleich: In Reformpädagogischen Schulen stehen pro SchülerIn im Schnitt 800 Euro zur Verfügung – in öffentlichen Schulen sind es 8500 Euro.

Genau zu diesem Zeitpunkt weist Daniela Musiol auf eine Beantwortung einer Grünen Anfrage hin: Die Vienna International School bekomme fast so viel Zuschüsse – wie alle anderen Freien Schulen in Österreich insgesamt.

Matthias Strolz plädiert nun dafür, die Freien Schulen sofort den konfessionellen Schulen gleichzustellen, die ungleich besser unterstützt werden – er wäre für einen finanziellen „Bildungsscheck“, der von den Eltern dann der Schule ihrer Wahl zur Verfügung gestellt werden könnte.

Da hält Elisabeth Grossmann entgegen, dass ihr grundsätzlich viel daran gelegen sei, dass es ein bestmöglich öffentliches Bildungssystem gebe. Sie befürchtet bei einer Öffnung schon eine „Konzentration bestimmter sozialer Schichten in bestimmten Schulen“. Ja, sie schätze die Waldorfschulen sehr, da sie „als Laborsituation“ immer wieder Beispiele geben würden und die Ungleichbehandlung bei der Finanzierung tue ihr geradezu weh. Auch sie wäre dafür, die freien Schulen den konfessionellen gleichzustellen – aber das sei auch „eine Frage der Leistbarkeit“:

Asim El Habassi findet auch, dass ein Vergleich von öffentlichen und privaten Schulen ein Vergleich von Äpfeln und Birnen sei – er könne eine Ungleichstellung im Grunde nicht feststellen.

In der Publikumsrunde gehen nach diesen Aussagen die Emotionen teils hoch: Was es denn heiße, man würde den Waldorfschulen eine Gleichstellung mit den konfessionellen Schulen „gönnen“ – das sei doch ein sehr altösterreichischer Ansatz. Auch die Feststellung, die Waldorfschulen seien ein „Labor“ stößt auf: Nach 50 Jahren sei doch klar, dass dieser pädagogische Ansatz jedenfalls etabliert sei. Auch wird wieder einmal wie so oft festgestellt, dass die Eltern dieser Schule doch schon einmal Steuern für die Ausbildung ihrer Kinder gezahlt hätten – und hier ein weiteres Mal zahlen müssten.

Und es wird auch auf das „Wiener Modell“ in der Elementarpädagogik verwiesen: Wo nicht nur die öffentlichen Kindergarten finanziert werden – sondern auch private. Die Analyse hier zeige doch, dass auch das Schulsystem insgesamt billiger werden könne. Und: Die Waldorfschulen seien doch Schulen mit Öffentlichkeitsrecht und anerkannten Zeugnissen – wo sei also der Unterschied zu den öffentlichen Schulen?

Der ehemalige Waldorfschüler Maximilian Eberharter stellt zu all dem jedenfalls fest, dass er sehr froh ist, an dieser Schule gewesen zu sein – auch wenn nicht alles wunderbar war und es kein ideales Konzept für alle SchülerInnen gebe. Aber was die Geldbeträge betrifft, fragt er sich doch, dass es hier im Grunde um läppische Summen gebe – im Vergleich mit dem Hypo-Desaster.

Roman David-Freihsl

  

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